Menschen mit Behinderung:
Zur Teilhabe an der Gesellschaft benötigen psychisch erkrankte Menschen gelegentlich eine intensive Begleitung. Der AWO Bezirksverband Niederrhein unterstützt sie dabei, ein eigenständiges und zufriedenstellendes Leben zu führen. Im Fritz-von-Gehlen-Haus in Hilden finden zum Beispiel 21 überwiegend ehemalige Patient*innen aus umliegenden psychiatrischen Krankenhäusern diese Unterstützung. Und das seit inzwischen 35 Jahren. „Das Fritz-von-Gehlen-Haus ist weit mehr als ein Gebäude – es ist ein Zuhause, ein Ort der Begegnung, des Miteinanders und der gegenseitigen Wertschätzung“, hieß es bei dem Festakt, der im Sommer anlässlich des Jubiläums der Einrichtung gefeiert wurde.
In „Der Fabrik“ können Menschen mit psychischen Erkrankungen ihrem Tag eine Struktur geben und verschiedenen Beschäftigungen nachgehen. Hier haben Klient*innen die Gelegenheit, mit unterschiedlichen Angeboten eine Tagesstruktur zu erleben. Es werden unter anderem folgende Angebote gemacht: kreatives Gestalten, Gesellschaftsspiele, eine Lesegruppe, Arbeitstherapie, Hirnleistungstraining, Ausflüge und vieles mehr. Ebenso wird ein gemeinsamer Mittagstisch angeboten. Die Fabrik ist aber nicht nur ein Ort, der Tagesstruktur bietet. Inzwischen ist die ebenfalls in Hilden ansässige Einrichtung auch ein beliebter und gut genutzter Veranstaltungsort. So luden beispielsweise im Rahmen der Aktionswoche der seelischen Gesundheit einige Mitglieder des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) im Südkreis des Kreises Mettmann zu einer spannenden Lesung mit anschließender Diskussion in die AWO Fabrik ein.
Der AWO Bezirksverband Niederrhein ist jedoch nicht nur als Träger von Einrichtungen zur Unterstützung psychisch erkrankter Menschen tätig, sondern führt als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege auch zahlreiche Beratungen zu diversen Themen mit unterschiedlicher Komplexität im Bereich der Eingliederungshilfe durch. Zudem wirkte er federführend 2025 an den Verhandlungen zur pauschalen Entgeltsteigerung für die AWO NRW mit. Mit Blick auf die Klient*innen setzte er sich dafür ein, dass die Postleitzahl und die Kassenlage der Kommunen und Landschaftsverbände nicht darüber entscheiden, welche Unterstützung Menschen mit Behinderung erfahren und welche Teilhabechancen ihnen eröffnet werden.
Neben der Eingliederungshilfe ist die Fachabteilung auch spitzenverbandlich in der Altenhilfe aktiv und managt die Fördermittel für Gliederungen und korporative Mitglieder des AWO Bezirksverbands Niederrhein. Im Rahmen dessen wurde an ca. 30 Förderanträgen in Form von Antragsberatung und unmittelbarer Unterstützung bei der Antrags- und Konzepterstellung mitgewirkt. Dadurch konnten unter anderem die Sitzungssäle des AWO-Bezirksverbands Niederrhein mit modernen Büromöbeln ausgestattet und das Projekt „Klina" der AWO am Niederrhein realisiert werden.
Die ebenfalls in der Abteilung ansässige Kommission Pflege (Pflegekommission) vertritt die Interessen der AWO am Niederrhein im Bereich der stationären, teilstationären und ambulanten Pflege sowohl in der Landesarbeitsgemeinschaft der AWO NRW als auch in der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Die Kooperation der Träger von AWO-Pflegeeinrichtungen hat sich bei den Veränderungen innerhalb der Pflegeversicherung bewährt und sich zu einem Erfolgsmodell für die Zusammenarbeit der rechtlich eigenständigen Gliederungen und Mitglieder weiterentwickelt. In diesem Zusammenhang wurden 47 Vergütungsverhandlungen für stationäre, teilstationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen der AWO am Niederrhein erfolgreich abgeschlossen.
Migration und Integration:
Einen außergewöhnlichen Arbeitseinsatz hatten in diesem Jahr die Kolleg*innen des Projekts „Wegweiser“ im Rhein-Kreis Neuss. Sie wurden vom Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (LAFP NRW) zu der Fortbildungsveranstaltung „Prävention von politisch motivierter Kriminalität“ in die Polizeiausbildungsstätte Neuss eingeladen. Im Rahmen der dreitägigen Fortbildung informierten die Wegweiser-Berater*innen die Teilnehmenden – darunter Polizeibeamt*innen und Regierungsbeschäftigte – über die Themen Islamismus und Salafismus, Radikalisierungsfaktoren sowie auslandsbezogenen Extremismus. Gewöhnlicher war der Veranstaltungsort des Wegweiser-Fachtags im Neusser Kreishaus. Auf Einladung des Wegweiser-Teams und des Kommunalen Integrationszentrums Rhein-Kreis Neuss kamen dort mehr als 60 Menschen zusammen, um über Islamismus in den sozialen Medien und die damit verbundenen Herausforderungen im Alltag, beispielsweise für Sozialarbeiter*innen, Lehrkräfte und vor allem für die Jugendlichen selbst, zu diskutieren.
Bereits seit 2016 betreibt der AWO Bezirksverband Niederrhein e. V. die vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration geförderte „Integrationsagentur SELF-i – Servicestelle für Engagementförderung, Lernwelten und Freiwilligendienste – interkulturell“. Aktuell koordiniert sie die Arbeit von zwölf AWO-Integrationsagenturen mit 14 Fachkräften sowie zwei Antidiskriminierungsstellen mit vier Fachkräften von sieben unterschiedlichen Trägern am Niederrhein. Diese erreichen in ihren Sozialräumen eine vierstellige Anzahl von Personen und Institutionen. Darüber hinaus koordiniert die Integrationsagentur SELF-i Arbeitskreise und Klausurtagungen der Migrationsfachdienste im niederrheinischen AWO Verbandsgebiet, wodurch alle Fachkräfte der Integrationslandschaft der AWO Träger erreicht werden.
Um die Grundlagen für die Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben in Deutschland zu erlernen, bietet der AWO Bezirksverband am Niederrhein den Kurs BASiS (Bildung, Anleitung und Stärkung interkultureller Sozialkompetenzen) für Geflüchtete an. In insgesamt sieben Kursmodulen erhalten die Teilnehmenden durch die AWO wertvolle Unterstützung, um in ihrer neuen Heimat ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Neben dem erfolgreichen Abschluss des Kurses in Kamp-Lintfort konnten acht weitere Kurse an den Standorten Essen, Remscheid, Duisburg, Düsseldorf, Wuppertal, Mönchengladbach und im Kreis Wesel abgeschlossen werden. Insgesamt konnten 123 Teilnehmende eine Orientierungshilfe für das Leben in Deutschland erhalten und für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gestärkt werden.
Der AWO Bezirksverband Niederrhein ist Träger einer Fachstelle für die Schulung und Qualifizierung der Flüchtlingsarbeit im Rahmen des Landesprogramms „Soziale Beratung von Geflüchteten in NRW“. Das Landesprogramm fördert Beratungsstellen für Geflüchtete mit den inhaltlichen Schwerpunkten „Regionale Beratung“, „Verfahrensberatung“, „Verfahrensberatung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete“, „Beschwerdemanagement“, „Psychosoziale Zentren“ und „Psychosoziale Erstberatung“. Diese Fachstelle am Standort Niederrhein in Essen bot im Jahr 2025 insgesamt 18 Weiterbildungsangebote an und konnte 250 Berater*innen im Regierungsbezirk Düsseldorf unabhängig von ihrer Verbandszugehörigkeit qualifizieren. Zudem führte die Fachstelle einen landesweiten Fachtag der „Regionalen Beratung für Geflüchtete NRW“ gemeinsam mit den vier weiteren Fachstellen der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen durch und nahm an elf Netzwerkterminen teil.
Bereits seit 2019 ist der AWO Bezirksverband Niederrhein e.V. Träger des Bundesprogramms „Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte“ (MBE). Das Programm bietet am Standort Grevenbroich und Umgebung individuelle und bedarfsorientierte Beratung für Zugewanderte. Sie soll Menschen mit Migrationshintergrund, die älter als 27 Jahre sind, bei der sprachlichen, beruflichen und sozialen Integration unterstützen. Ziel der Migrationsberatung ist es, Migrant*innen in ihrem individuellen Integrationsprozess zu begleiten, zu fördern und zu stärken. Im Jahr 2025 konnten mehr 1.000 solcher Beratungen erfolgreich durchgeführt werden. Darüber hinaus nahmen die Kolleg*innen an 26 Netzwerktreffen teil und warben auf lokalen Messen und Veranstaltungen in Grevenbroich und im Rhein-Kreis Neuss für die Angebote. Obwohl in Deutschland so viele Geflüchtete wie nie zuvor leben, sehen sich Träger der Migrationsfachdienste jedoch gezwungen, ihre Angebote für gelingende Integration vor allem aufgrund der schlechten finanziellen Förderbedingungen einzuschränken oder sogar ganz einzustellen. Die Gründe dafür liegen in nicht auskömmlichen Finanzierungen des Landes NRW und des Bundes. So sah sich ein Träger in Mülheim an der Ruhr sogar gezwungen, komplett aus der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) und dem Landesprogramm „Kommunales Integrationsmanagement“ auszusteigen. In Oberhausen ist kürzlich ein weiterer Träger aus der landesgeförderten Flüchtlingsberatung ausgestiegen. Weitere Träger der MBE und der Flüchtlingsberatung NRW haben mehrere Stellen für 2025 erst gar nicht beantragt. Insgesamt war damit bezirksweit ein Rückgang von 7,25 Stellenanteilen allein im ersten Halbjahr zu verzeichnen, kritisierte der Bezirksverband in einer Stellungnahme und forderte Korrekturen bei der Haushaltsgesetzgebung.
Ähnlich wie die MBE war auch das Projekt „Refugees into Work – Niederrhein“ (RiW) in diesem Jahr intensiv mit Networking beschäftigt, um die Arbeitsmarktintegration und Beschäftigungsfähigkeit von Geflüchteten in Oberhausen und im Kreis Wesel (bis 31.10.2025) noch besser zu unterstützen. Dazu nahm das Projektteam unter anderem an der dritten WIR-Netzwerktagung in Berlin teil und nutzte den offiziellen Start der Beratungsstelle Migrationsökonomie in Essen, um sich mit anderen Institutionen, Unternehmer*innen mit Migrationsgeschichte und Bildungsträger*innen noch enger zu vernetzen und Erfahrungen im Bereich (Arbeitsmarkt-)Integration auszutauschen. Doch es wurde nicht nur Netzwerkarbeit betrieben. RiW hat im Jahr 2025 auch erfolgreich 91 Personen beim Übergang zwischen Schule, Ausbildung oder Studium und Beruf begleitet. Davon konnten 66 Eingewanderte in Arbeit, 18 in Ausbildung und sieben in Praktika vermittelt werden.
Auch das Projekt „INAR – Integration in den Arbeitsmarkt” unterstützt Migrant*innen und Geflüchtete dabei, eine langfristige Beschäftigung oder Ausbildung zu finden. Allerdings konzentriert sich das Projekt vor allem auf Einrichtungen der Altenpflege. Denn die Pflege bietet sichere Arbeitsplätze mit vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten. Zusätzlich wird eine individuelle Betreuung der Geflüchteten und Migrant*innen entsprechend ihrer aktuellen Lebenssituation gewährleistet. Was das konkret bedeutet und wie die tägliche Arbeit aussieht, stellte das Projektteam mit viel Freude und Herzblut in einem Podcast dar. Dabei wurden auch die zahlreichen Herausforderungen (und Lösungen) bei der langfristigen Bindung von Zugewanderten in Einrichtungen der Altenpflege der AWO am Niederrhein thematisiert. Eine diese Herausforderungen bei der Betreuung von 204 Migrant*innen und Geflüchteten im Jahr 2025, war für die Einrichtungen auch die Frage, wer mit welchem Aufenthaltsstatus arbeiten darf. Um möglichst vielen Menschen einen Überblick über diese komplexen aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen zu ermöglichen, organisierte das Projektteam digitale Workshops. Personalverantwortliche, Verwaltungsmitarbeitende, Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen erhielten dort einen Überblick über verschiedene Aufenthaltsstatus und es wurde ihnen aufgezeigt, welche Möglichkeiten und Einschränkungen sich daraus für die Beschäftigung ergeben. Projektteilnehmende gewinnt INAR übrigens durch regelmäßige Besuche von Berufsausbildungstagen, auf denen Schüler*innen nicht nur Berufschancen in der Pflege aufgezeigt werden, sondern auch das engmaschige AWO Unterstützungsnetzwerk bei der gelingenden Arbeitsmarktintegration.
Die erfolgreiche Arbeit des AWO Bezirksverbands Niederrhein zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund wurde auch beim 10. Integrationskongress des Landes NRW präsentiert. Beim Austausch auf dem „Markt der Möglichkeiten“, in einzelnen Workshops und an den Ständen hatten unsere Projekte „RiW“, „BASiS“ und „INAR“, die „Fachstelle für Schulung und Qualifizierung im Regierungsbezirk Düsseldorf“ sowie die „Integrationsagentur SELFi“ die Gelegenheit, mit Interessierten über Erfolgsfaktoren und Hürden einer gelingenden Arbeitsmarktintegration zu sprechen. Dabei konnten sie erfolgreiche Beispiele der AWO am Niederrhein aufzeigen und verdeutlichen, wie die Teilhabe von Eingewanderten am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft durch ein professionelles und engmaschiges Beratungs- und Betreuungsnetzwerk in Kooperation mit Unternehmen gelingen kann.
Last but not least muss noch eine zusätzliche „Arbeitsbelastung“ vermeldet werden, über die sich der Bezirksverband als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege besonders freut. Seit September stellt nämlich der AWO Bezirksverband Niederrhein den Vorsitz und die Koordination im Arbeitsausschuss Migration der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Der Arbeitsausschuss setzt Impulse für die migrationspolitische Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW und gibt Betroffenen sowie Fachverbänden eine Stimme, um sich für mehr Teilhabe, Schutz und Dialog einzusetzen.