Arbeit und Ausbildung
Beim AWO Bezirksverband Niederrhein nutzen aktuell 85 junge Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und 37 im Bundesfreiwilligendienst (BFD) die Möglichkeit, gleichzeitig etwas für sich und andere zu tun. Der Freiwilligendienst ist nämlich unter anderem eine Chance, sich persönlich weiterzuentwickeln und soziale Berufsfelder kennenzulernen. Die passenden Möglichkeiten dafür bieten die Einrichtungen der AWO am Niederrhein sowie das vielfältige Angebot der Abteilung Freiwilligendienste. Für den letzten Jahrgang (September 2024 bis August 2025) konnten in vier Seminargruppen mit jeweils 25 bis 30 Freiwilligen insgesamt 16 Seminarwochen sowie Wahlseminartage zu gesellschaftspolitischen Themen durchgeführt werden. Um das Miteinander der Freiwilligendienstleistenden zu stärken und mehr Gemeinschaft zu ermöglichen, wird das digitale Angebot bei den Wahlseminaren derzeit durch ein verstärktes Angebot an Exkursionen und Workshoptagen ergänzt. Ab Dezember 2025 wählen die Freiwilligen ihre Wahlseminarangebote eigenständig über ein Online-Tool. Erstmalig bereichern dann auch Angebote des Bezirksjugendwerks der AWO am Niederrhein das vielfältige Kursprogramm.
Von den 122 Freiwilligendienstleistenden werden bzw. wurden 20 FSJler*innen in dem vom Landschaftsverband Rheinland geförderten Projekt „Pflegescouts“ begleitet. Das Projekt unterstützt die jungen Menschen während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres durch individualpädagogische Einzelfallbegleitung dabei, ihren Dienst gut zu bewältigen, ihre Erfahrungen im Freiwilligendienst zu integrieren und für ihren persönlichen Lebensweg nutzbar zu machen. Dies erfolgt im zweiten Durchgang bis August 2025 und im dritten Durchgang seitdem.
All dies macht deutlich: Mit dem BFD und dem FSJ gibt es bereits funktionierende Programme, in denen motivierte junge Menschen auf Menschen treffen, die Unterstützung benötigen. Anstatt über Pflichten für Unmotivierte zu diskutieren, sollten BFD und FSJ attraktiver gestaltet werden, um das soziale Miteinander zu stärken. Darum schaltet sich der AWO Bezirksverband Niederrhein als Spitzenverband auch in politische Diskussionen über ein Pflichtjahr für junge Menschen ein. Zu einem attraktiven Freiwilligendienst gehört auch, dass die Finanzierung für den nächsten Jahrgang frühzeitig geklärt ist. Dies war für den Jahrgang 2025/2026 im Frühjahr 2025 noch immer nicht der Fall, was den Bezirksverband erneut dazu veranlasste, sich in bundespolitische Diskussionen einzubringen.
Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz mischte sich der AWO Bezirksverband Niederrhein in die bundespolitischen Diskussionen ein. Und das nicht nur, weil seit der Jahresmitte ein neues Projekt mit dem Namen „KliNa – klimabewusste und nachhaltige Transformation der AWO Niederrhein“ verortet ist. Es wird im Rahmen des Programms „Rückenwind³” durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert. Ziel ist es, ökologische Nachhaltigkeit fest in der Organisation zu verankern und Schritt für Schritt Klimaneutralität zu erreichen. Während derzeit der CO₂-Fußabdruck ermittelt wird, folgten dem gelungenen Projektauftakt direkt erste Schritte zu mehr Nachhaltigkeit im Verband: Im Bistro der Geschäftsstelle steht seit Anfang September ein Trinkwasserspender zur freien Verfügung. Der Verzicht auf Flaschenwasser ist nicht nur viel praktischer, sondern reduziert auch die CO₂-Emissionen beim Wasserkonsum um 99 Prozent. Dies zeigt, dass schon kleine Veränderungen im Alltag einen großen Unterschied für Umwelt und Klima machen können. Das Projekt arbeitet weiter daran, mit partizipativen Formaten und Methoden kleine Ideen aus der Belegschaft sichtbar zu machen und mit effizienten Prozessen sowie wirkungsvollen Maßnahmen die Projektziele zu erreichen.
Um auf die dringend notwendigen Klimaschutz- und Klimafolgenanpassungsmaßnahmen in der Wohlfahrtspflege aufmerksam zu machen, tauschte sich der AWO Bezirksverband Niederrhein als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege mit Bundestagsabgeordneten der Großen Koalition über die großen Veränderungen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz aus. Sowohl SPD- als auch CDU-Mandatsträger vom Niederrhein nahmen die Forderungen mit in die parlamentarischen Beratungen in Berlin. Aber auch in Berlin selbst war der AWO Bezirksverband Niederrhein politisch aktiv. Beim ersten Barcamp des AWO-Bundesverbandes und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) zu Nachhaltigkeit und Klimaresilienz diskutierten die niederrheinischen Vertreter*innen mit rund 100 Teilnehmenden und Klimaexpert*innen aus der Freien Wohlfahrtspflege über Ideen für eine klimagerechte Zukunft der Wohlfahrt und ihrer Einrichtungen.
Auch im Bereich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz war der AWO Bezirksverband Niederrhein nicht minder aktiv. Mit der Implementierung der Dienstanweisung zur Nutzung Künstlicher Intelligenz wurde beim AWO Bezirksverband Niederrhein ein sicherer Rahmen und Raum für die explorative Nutzung von KI-Tools in der Arbeit geschaffen. Anfang des Jahres wurde zudem eine Workshop-Reihe zu KI-Grundlagen für die Praxis eröffnet und damit eine gemeinsame KI-Experimentierphase eingeläutet. Basierend auf den positiven Erfahrungen dieser Experimentierphase wurde dann gemeinsam mit dem AWO Bezirksverband Mittelrhein das regelmäßige Veranstaltungsformat „KurzImpuls KI“ zunächst für Beschäftigte der beiden Bezirksverbände implementiert und später dann auch für Mitarbeitende der Kreisverbände etabliert. Auch 2025 konnten die positiven Erfahrungen aus dem bereits abgeschlossenen Modellprojekt „Transformation erleben – Digitalisierung passgenau gestalten“ noch gewinnbringend für andere Akteure genutzt werden. Sie gaben Hilfestellungen dazu, welche Kompetenzen zukünftige Fachkräfte der Sozialen Arbeit im Kontext der Digitalisierung benötigen und wie sie mit dem stetigen Wandel und den immer neuen Tools und Möglichkeiten umgehen können. In insgesamt 31 Sprechstunden konnte die Digitalisierung bei der AWO am Niederrhein weiter passgenau gestaltet werden und in 37 Formaten konnten unsere Mitarbeitenden und die unserer Kreisverbände fit für den Umgang mit KI gemacht.
Auch in der Personalabteilung des Bezirksverbands stand die Digitalisierung auf der Agenda. Neben den monatlich über 2.000 aktiven Abrechnungsfällen (für Bezirksverband, Seniorendienste und auch Kreisverbände) konnten seit August 2024 auch hier erhebliche Fortschritte erzielt werden. So wurden seitdem 405.906 Dokumente (Stand: 20.11.2025) digitalisiert. Davon wurden 378.589 Dokumente automatisiert über eine intelligente Produktionslösung digitalisiert und 27.317 Dokumente von der Personalabteilung in die digitalen Personalakten übernommen, die sonst in analogen Papierakten gelandet wären. Zudem hat die Personalabteilung im August 2025 insgesamt 1.981 Mitarbeitende auf Grundlage der neuen Entgeltordnung überführt. Ebenso wurde das Dokumentenmanagement erweitert, sodass nun 49 Dokumente, die zuvor manuell in Word angepasst werden mussten, nahezu auf Knopfdruck aus dem System generiert werden können.
Für das gelingende Miteinander der rund 2.000 Beschäftigten tragen auch immer wieder tolle Teamevents bei, die inzwischen zum Inventar für die Belegschaft gehören. So nahmen die Beschäftigten des AWO Bezirksverbands Niederrhein und der AWO Seniorendienste gemeinsam unter dem Motto „Gemeinsam ein Ziel: Laufend etwas bewegen“, das nicht nur das alltägliche Motto der AWO am Niederrhein als Träger von sozialen Diensten und Einrichtungen ist, am Essener Firmenlauf teil. Für die Bezirksgeschäftsstelle wurde zudem ein Betriebsausflug organisiert, bei dem die Mitarbeitenden das Ruhrtal entweder motorisiert oder paddelnd genießen konnten. Und last but not least fand einmal mehr die traditionelle Jahresabschlussfeier in der Geschäftsstelle statt, über deren Verlauf ebenso traditionell der Mantel des Schweigens gehüllt wird.
Bildung und Qualifizierung
An den Standorten in Essen, Neuss und Solingen bieten das Willy-Könen-Bildungswerk (WKB) ein umfassendes Bildungsprogramm für Leitungs- und Fachkräfte der sozialen Arbeit an. Fachübergreifende Themen wie Management, Medienkompetenz, Beratung und Supervision gehören ebenso dazu, wie fachbezogene Themen zur Pflege und Angehörigenarbeit, zu Kindertageseinrichtungen, Familienzentren, zur Offenen Ganztagsschule und nicht zuletzt Sprach- und Integrationskurse.
Mit diesem Portfolio konnte das Willy-Könen-Bildungswerk im Jahr 2025 361 (43,82 Prozent mehr als 2024) Lehrveranstaltungen mit 4.279 (+ 8,4 Prozent mehr als 2024) Teilnehmenden durchgeführt, das bedeutet 13,13 Teilnehmende pro Veranstaltung. In Unterrichtsstunden waren das 31.152 Einheiten (23,41 Prozent mehr als 2024).
Neben der erfolgreichen Bildungsarbeit stand für das WKB in diesem Jahr am Standort Grevenbroich auch ein Umzug ins Haus. Seit April finden Beratung und Anmeldung nicht mehr am Platz der Republik, sondern in der Merkatorstraße 2c statt – dort, wo bereits seit vielen Jahren die Deutschkurse für Migrant*innen abgehalten werden. Mit diesem Umzug schafft das Bildungswerk eine zentrale Anlaufstelle für Interessierte und Teilnehmende mit Vorteilen für Kursteilnehmende und Dozent*innen: kurze Wege, mehr Platz und eine noch bessere Betreuung für die Teilnehmenden.
Dass die Kurse des WKB so gut besucht werden, liegt zweifellos auch an der Präsenz der Kolleg*innen vor Ort. So präsentierten die Mitarbeitenden des Willy-Könen-Bildungswerkes und die Berater*innen der Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) der Abteilung Migration ihr umfangreiches Sprachkurs- und Beratungsangebot beispielsweise auf dem Fest der Kulturen in Grevenbroich und nutzen dort auch die Möglichkeit, ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz zu setzen. Aber auch die Angebotsvielfalt jenseits der originären Bildungsangebote macht das WKB für Menschen als Anlaufstelle attraktiv. Im Rahmen des Besuchsprogramms „Demokratieschule - Besuchsprogramm für Geflüchtete“ in Kooperation mit dem Landtag und den Kommunalen Integrationszentren konnten Teilnehmende eines Jugendintegrationskurses des AWO Willy-Könen-Bildungswerks (WKB) in Neuss den Landtag NRW besuchen. Während des Landtagsbesuchs erhielten die Teilnehmenden Informationen u.a. zu Grund- und Bürgerrechten, zum Föderalismus und zu Rechten und Pflichten in der Demokratie und konnten sich mit dem Landtags-Vizepräsidenten austauschen.
Als Teil der Steuerungsgruppe des Modellprojektes ProKi der AWO NRW mit dem Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKJFGFI) konnte das Bildungswerk maßgeblich zu einem Abbau der Bürokratie und einer qualitativ hochwertigen Bildungsbegleitung der ProKi-Kräfte innerhalb der Erprobung beitragen.
Allerdings ist trotz intensiver Bemühungen und herausragender Bildungsarbeit nicht alles Gold was glänzt. Denn der aktuelle Haushaltsentwurf der NRW-Landesregierung sieht keine Dynamisierung der Mittel für die Weiterbildungsinstitutionen vor. Wenn das vielfältige Weiterbildungsangebot erhalten bleiben soll, müssen Träger wie das AWO Willy-Könen-Bildungswerk die schlechtere finanzielle Ausstattung beispielsweise durch höhere Seminargebühren kompensieren. Dadurch würden Weiterbildungsmöglichkeiten nicht nur für finanziell Schwächere zur Hürde. Es droht der Verlust von Bildungszugängen für viele Menschen. Entsprechend war das WKB zum Jahresende gemeinsam mit Gesprächskreis für Landesorganisationen der Weiterbildung in NRW als Lobbyistin bei der nordrhein-westfälischen Landesregierung aktiv.