79 Welche Erwartungen richten Organisationen an verschiedene Zielgruppen? Wie können Organisationen diese Erwartungen in Einklang mit den Erwartungen neuer Zielgruppen bringen? Welche Konsequenzen ergeben sich für mögliche Organisationsentwicklungsprozesse? 7.1.2 Gegenstand: Mitgliedsverbände und Zukunftsfähigkeit Im Mittelpunkt der Expertise stehen Mitgliedsverbände – eine besondere Form zivilgesellschaftlicher Organisation. Gemeint sind hier Organisationen, deren Struktur wesentlich auf der formalisierten Mitgliedschaft von Einzelpersonen oder juristischen Personen beruht. Sie zeichnen sich durch demokratische Entscheidungsstrukturen, eine satzungsgebundene Governance, eine meist mehrstufige Aufbauorganisation (lokal – regional – bundesweit) sowie durch vielfältige Möglichkeiten zur Mitwirkung und Mitgestaltung aus. Diese Form der Organisation ist historisch eng verknüpft mit der Entwicklung des Wohlfahrtsstaats, sozialer Bewegungen und der Interessenvertretung gesellschaftlicher Gruppen. Mitgliedschaft fungierte dabei über lange Zeit als zentrale Ressource: Sie stiftet Legitimation, ermöglicht Mitbestimmung und sichert finanzielle sowie personelle Stabilität (Witt 2006 et al). Gleichzeitig stehen genau diese Strukturen heute unter Veränderungsdruck. Der Begriff der Zukunftsfähigkeit wird in diesem Zusammenhang genutzt, um die Fähigkeit von Mitgliedsverbänden zu beschreiben, auf gesellschaftliche Transformationsprozesse – wie Individualisierung, Digitalisierung, demografischen Wandel oder veränderte Engagementkulturen – strategisch zu reagieren und dabei ihre Relevanz, Wirkung und Anschlussfähigkeit zu erhalten oder neu zu definieren. Zukunftsfähigkeit meint also nicht nur organisatorisches Überleben, sondern auch Innovations- und Anpassungsfähigkeit, Reflexionsbereitschaft und die Fähigkeit, neue Zielgruppen anzusprechen und langfristig zu binden, aber auch Strukturen entsprechend zu verändern, Ansätze neu zu denken– ohne dabei die eigenen Grundwerte zu verlieren. 7.1.3 Datengrundlage und Methodik Die Expertise basiert auf einer interdisziplinären Literaturrecherche und greift auf Erkenntnisse aus der Verbändeforschung, der Organisationssoziologie, der Engagementforschung sowie angrenzender Felder wie der Wohlfahrtsstaatsforschung und Nutzer*innenforschung zurück. Ziel ist es, eine gemeinsame Wissensbasis für die anstehenden Workshops und Diskussionsprozesse zu schaffen – und Impulse zu geben für eine differenzierte und realitätsnahe Zielgruppenarbeit in Mitgliedsverbänden.
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