Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken

65 diese Mitgliedschaften können langfristig und nachhaltig sein, wenn die Ansprüche und Erwartungen der Mitglieder erfüllt werden (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2020; Schubert et al. 2023). Bedeutung von Mitgliedschaft für die Identifikation mit Organisationen Die formale Mitgliedschaft bietet nicht nur Rechte und Pflichten, sondern schafft auch eine emotionale Bindung der Mitglieder an die Organisation. Durch die aktive Teilnahme an Entscheidungsprozessen oder durch die Übernahme von Leitungsfunktionen werden Mitglieder Teil der Organisation. Diese partizipativen Prozesse fördern das Gefühl der Zugehörigkeit und stärken die demokratische Mitgestaltung innerhalb der Organisation. Eine starke Identifikation von Mitgliedern mit der Organisation ist ein entscheidender Faktor für deren langfristigen Erfolg. Mitglieder, die sich stark mit den Zielen und Werten ihrer Organisation identifizieren, tragen maßgeblich zur Entwicklung und Anpassung der Vereinsstrukturen bei und unterstützen so den demokratischen Austausch und die gesellschaftliche Teilhabe. Eine Mitgliedschaft einzugehen, ist ein bewusster Prozess, der mit Aufwand verbunden ist. Dies soll dem werdenden Mitglied, der Organisation, aber auch der Umwelt zeigen, dass das Mitglied sich zu den Werten und Zielen der Organisation bekennt und diese langfristig mit vorantragen möchte und stärkt die Organisation somit auch im Ansehen nach Außen (Deutscher Bundestag 2002; Karnick/ Simonson/ Hagen 2022). Bedeutung von Mitgliedschaften als Möglichkeit der sozialen Interaktion und Integration Neben der Organisation als solche sind auch die anderen Mitglieder ein ausschlaggebendes Argument für eine Mitgliedschaft. Soziale Interaktion mit anderen Mitgliedern einer Organisation ist ein starkes Motiv für eine Mitgliedschaft in jener Organisation. Hier zeigt sich eine Überschneidung in den Motiven für eine Mitgliedschaft und für ein Engagement. Auch „klassische“ Formen des Engagements sind durch ihre soziale Interaktion gekennzeichnet, wie zum Beispiel im Sport oder im kulturellen Bereich. Dieser Austausch mit anderen Menschen, die gleiche Interessen und Ziele teilen, fördert ein Gemeinschaftsgefühl und gibt Raum für soziale Interaktion und Integration. Ein Beispiel dafür sind Selbstorganisationen für Migrant*innen, die wichtige Integrationsarbeit leisten, unter anderem, weil ihre Mitglieder häufig selbst eine Migrationsgeschichte haben und sich entsprechend gut in die Bedürfnisse und Wünsche von Personen mit Flucht- und Migrationsgeschichte hineinversetzen können (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2024c; Schubert et al. 2023). Mitgliedschaften haben eine große Bedeutung für die Mitglieder einer Organisation. Dennoch sind immer weniger Engagierte auch Mitglied in der Organisation, in der sie sich engagieren. Traditionelle Mitgliedschaftsmodelle scheinen für mehr und mehr Engagierte an Attraktivität zu verlieren. Ein Grund für diesen Rückgang ist, dass sich immer mehr Menschen für ein informelles Engagement außerhalb von Mitgliedsorganisationen entscheiden. Deshalb ist es für Mitgliedsorganisationen wichtig, ihre Mitgliedschaftskonzepte zu überdenken und diese mehr an die moderne Gesellschaft und ihre Erwartungen anzupassen. Es darf dabei aber nicht übersehen werden, dass für einige Personen gerade diese festen Strukturen der ausschlaggebende Grund für die Mitgliedschaft sind. Es ist also wichtig, bei der Entwicklung moderner und flexibler Mitgliedschaftsmodelle

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