Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken

46 6.1 Einleitung Engagement ist eine wichtige Säule der deutschen Zivilgesellschaft. Es umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten, angefangen bei individueller Unterstützung bis hin zur organisierten Mitwirkung in Mitgliedsorganisationen wie Vereinen und Verbänden. Dabei profitieren alle involvierten Parteien von Engagement, nicht nur die Empfangenden, sondern auch die Engagierten. Engagement bietet den Engagierten die Möglichkeit, ihre Kompetenzen auszubauen oder neue zu erlernen, neue Erfahrungen zu sammeln und mit anderen Menschen zusammenzukommen. Es kann ebenfalls als Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein und eigener Überzeugungen gesehen werden, weshalb Engagement auch als Werkzeug sozialen Zusammenhalts und demokratischer Teilhabe gilt. Im Engagement können Menschen zusammenfinden, die sich sonst eher nicht begegnet wären, das schafft ein Gemeinschaftsgefühl und fördert den Austausch unterschiedlicher Perspektiven und Prioritäten. Damit profitiert die Gesellschaft als Ganze ebenfalls vom Engagement (Deutscher Bundestag 2002; Simonson et al. 2022a). Mit dieser Expertise soll ein Überblick über das Engagement in Mitgliedsorganisationen gegeben werden. Dabei werden sowohl Entwicklungen als auch Herausforderungen und die aktuellen Gegebenheiten betrachtet. Der Großteil des Engagements in Deutschland wird über zivilgesellschaftliche Institutionen, zu denen auch Mitgliedsorganisationen gehören, koordiniert. Seit einiger Zeit gewinnt informelles Engagement, das nicht durch zivilgesellschaftliche Organisationen, Kommunen, Kirchen oder andere Institutionen organisiert wird, an Bedeutung. Wenngleich hier formelles Engagement im Fokus steht, ist es wichtig, beide Engagementformen zu betrachten, um zu verstehen, warum informelles Engagement für viele Engagierte an Attraktivität gewinnt, während der Anteil von Engagierten, die sich in Vereinen und Verbänden engagieren, im Zeitvergleich sinkt (Karnick/ Simonson/ Hagen 2022). Dazu werden Erkenntnisse aus regelmäßigen Erhebungen und Untersuchungen herangezogen. In Deutschland bilden die Grundlage der Engagementforschung der Deutsche Freiwilligensurvey, in dem die Engagierten im Fokus stehen, der ZiviZSurvey, der einen Einblick in die zivilgesellschaftliche Organisationslandschaft gibt, sowie die Engagementberichte der Bundesregierung, in denen die Schwerpunkte je Publikation unterschiedlich gelegt werden. Ergänzend werden in diese Expertise kleinere empirische qualitative sowie quantitative Erhebungen und weiterführende wissenschaftliche Literatur einbezogen. Das ermöglicht einen umfassenden Überblick über alle relevanten Faktoren und Perspektiven, um ein akkurates Bild der aktuellen Engagementlandschaft und der langfristigen Entwicklungen zu zeichnen. Es werden folgende Fragen untersucht: Wer engagiert sich und warum? Welche Entwicklungen sind im Engagement zu beobachten? Wie gestaltet sich Engagement in Mitgliedsorganisationen und inwiefern unterscheidet es sich von Engagement im Allgemeinen? Welche Herausforderungen müssen das Engagement sowie Mitgliedsorganisationen meistern, um weiterhin so relevant zu bleiben wie sie es bereits seit mehreren Jahrzehnten sind? Die Erkenntnisse aus der vorliegenden Forschung und Literatur dienen als Grundlage für praxisorientierte Handlungsempfehlungen, die Mitgliedsorganisationen dabei unterstützen sollen, ihre Strukturen zu modernisieren und sich den aktuellen Gegebenheiten und Herausforderungen, wie etwa dem demografischen Wan-

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