Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken

134 8.4.3 „Jede Organisation ist auch eine Schwelle für Engagement.“ Hinweise auf Ausschlüsse auf individueller und struktureller Ebene gibt auch der Vierte Engagementbericht der Bundesregierung mit seiner Identifizierung von insgesamt 13 Schwellen im Zugang zu Engagement. Für Mitgliedsorganisationen wie Vereine und Verbände ist dabei die Feststellung zentral, dass jede Organisation schon in sich eine Schwelle für Engagement darstellt (BMFSFJ 2024: 103). Welch tiefgreifende Implikationen dies hat, wurde oben mit den Begriffen der Transformation und homogenisierenden Eingliederung deutlich. Zugleich stellt auch der Engagementbericht die grundlegende Formierung von Organisationen, Vereinen und Verbänden nicht in Frage. Bei der Reflexion über die hier beschriebenen Schwellen ist dies immer mitzudenken. Jedoch widmet der Bericht den „neuen Organisationen“ ein eigenes Kapitel. In den Anhörungen erfuhr die Berichts-Kommission, dass „Engagierte mit einem sogenannten Migrationshintergrund, armutsbetroffene und queere Engagierte sowie Engagierte mit Behinderung“ (BMFSFJ 2024: 117) teilweise spezifische Schwellen betonen, insgesamt aber sehr ähnliche Erfahrungen machen. Das Fazit, das der Bericht zu diesen Erfahrungen zieht, spricht für sich und wird daher ausführlich zitiert: „Insgesamt erscheint die Art und Weise, wie die unterschiedlichen weniger privilegierten Engagierten versuchen, Zugang zu etablierten Organisationen und Strukturen zu erhalten, als eine Art ‚Kampf‘. Zivilgesellschaft erscheint hier nicht als eine Quelle der Solidarität (Alexander 2006), sondern als ein Kampfplatz um den Zugang zu finanziellen Mitteln und um Einfluss. Die Engagierten aus den ‚neuen‘ Organisationen schilderten einen erschöpfenden Kampf, weil für sie weder die Art und Weise zu sprechen, noch der Smalltalk in den Pausen, noch die Themen und Anliegen im Engagement selbstverständlich seien. Es sei allerdings ein Kampf, der beide Seiten sehr ungleich betreffen (sic!): Während die weniger privilegierten Engagierten darum kämpfen, dass ihre Anliegen aufgegriffen und ihre Sprechweisen Gehör finden, scheint dieser Kampf für die etablierten Organisationen quasi nicht stattzufinden. Die Schwellen, an denen sich die weniger privilegierten Engagierten abkämpfen, werden aus der Perspektive der Etablierten kaum wahrgenommen.“ (ebd.: 118; Hervorhebung JD)

RkJQdWJsaXNoZXIy MTI4Nzg0OQ==