132 (Chehata/Wenzler 2023: 8) Die Ergebnisse lassen sich wiederum von der strukturellen Ebene auch auf die Ebene der adressierten Menschen übertragen. Das Feld der verbandlichen Jugendorganisationen wird als von etablierten und anerkannten Verbänden dominiert beschrieben: „In dem Projekt SOUNDS werden Selbstorganisationen junger Menschen als etabliert und anerkannt bezeichnet, deren Positionen innerhalb der bestehenden Machtverhältnisse historisch und gesellschaftsstrukturell unhinterfragt privilegiert sind und innerhalb der bestehenden Normalitätsvorstellung ungeprüft als zugehörig angesehen werden.“ (ebd.: 11) Zugleich weist das Feld eine starke Ausdifferenzierung, Vielfalt und große Dynamik auf, weshalb „zumindest programmatisch die Notwendigkeit der Veränderung etablierter Strukturen der Interessensvertretung diskutiert“ (ebd.) wird. Von zentraler Bedeutung für diese Veränderung sind Fragen der strukturellen Zugehörigkeit, Verteilung und Teilhabe und deren Regulierung: „Diese Strukturen lassen sich daher als Berechtigungsräume bezeichnen, weil mit der legitimen Zugehörigkeit und dem Zugang zu diesen Räumen ebenfalls der Zugang zu Ressourcen, zur Repräsentation der eigenen Themen und Interessen sowie die Beteiligung an Jugendpolitik ermöglicht wird. Es ist daher zu hinterfragen, wie und auf welche Weise unterschiedliche Selbstorganisationen junger Menschen an diesen Strukturen teilhaben können und wie der Zugang reguliert wird.“ (ebd.: 17) Die Ergebnisse zeigen, dass das Jugendverbandssystem mit seinem Anspruch, als politisches Vertretungssystem die Interessen aller jungen Menschen zu repräsentieren, selbst regelmäßig und systematisch Ausschließungen und Teilhabeverwehrungen produziert (Wenzler/Cano/Bonus 2023: 37). Im Forschungsprojekt SOUNDS lag der Fokus auf Selbstorganisationen junger Menschen, die unter Begriffen wie Vereine und Verbände junger Migrant*innen (VJM), Migrant*innenjugendselbstorganisationen (MJSO), postmigrantische Jugendorganisationen oder neue deutsche Organisationen bekannt sind. Als ein exemplarisches Moment wird die offizielle Anerkennung beschrieben, die für die Aufnahme einer solchen Organisation in die Strukturen des Jugendverbandssystems als notwendig gilt. Diese Anerkennung setzt die Formalisierung der Organisationsstruktur – in der Regel durch die Gründung eines Vereins – voraus. Dabei geschieht etwas, was von den Forscher*innen als „Transformation“ bezeichnet wird: Aus einer heterogenen Gruppe junger Menschen, „welche die Erfahrung teilen als natio-ethno-kulturell ,Andere‘ minorisiert, migrantisiert und fremdpositioniert werden“, wird ein scheinbar neutrales, in sich homogenes „kollektives Subjekt“, das als „gleich“ angesehen werden und dem man deshalb „auf Augenhöhe“ begegnen kann (Wenzler/Cano/Bonus 2023: 41). Diese Form der ‚interkulturellen Öffnung‘ des Jugendverbandssystem wirkt faktisch als Programm der „homogenisierenden Eingliederung“. Im Zuge der geforderten ,Professionalisierung‘ einer Organisation führt die Formalisierung von Strukturen und Prozessen „zu einer Angleichung der Jugendselbstorganisationen an die bestehenden Normalitätsvorstellungen.“ (ebd.: 42) Um sich als legitimes Mitglied der Verbandslandschaft zu erweisen, müssen dabei nicht nur formale Kriterien erfüllt werden, wie sie sich beispielsweise in Satzungen finden. Daneben entstehen
RkJQdWJsaXNoZXIy MTI4Nzg0OQ==