Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken

10 3 Spannungsfelder und Themen von Wolfgang Kleemann & Judith Dubiski Dieser Text fasst grundlegende zu beobachtende Zielkonflikte in Mitgliedsverbänden zusammen und spiegelt zentrale, in der Verbandsforschung wiederkehrende Spannungsfelder wider. Er greift Themenfelder des aktuellen wissenschaftlichen Diskurses zu Mitgliedsverbänden, Ehrenamt, Mitgliederentwicklung/-bindung und Verbandsentwicklung auf, reflektiert und verbindet die im Kontext des Projektes entstandenen Expertisen und stellt Leitfragen bereit, mit denen interessierte oder verantwortliche Akteure in Mitgliedsverbänden diese Spannungsfelder konstruktiv bearbeiten und für die Weiterentwicklung nutzen können. 3.1 Prämissen Mitgliedsorganisationen lassen sich verstehen als geprägt durch historisch gewachsene Strukturen, hohe Pfadabhängigkeit, spezifische Rechts- und Finanzierungsbedingungen sowie durch die Balance von Tradition und Wandel. Wer sich für ausführlichere Informationen und Hinweise zu einem systemischen Verständnis von Mitgliedsverbänden als Organisationen interessiert, findet die theoretischen Grundlagen in Kapitel 5 – „Grundsätzliches zum Verständnis von Organisation und Wandel“. 3.2 Spannungsfelder als Entwicklungsimpuls Die folgenden Spannungsfelder stellen Grunddynamiken in Mitgliedsverbänden dar, die kontinuierlich bearbeitet werden müssen: Sie sind nicht als Hindernisse zu verstehen, sondern als zentrale Energiequellen für Entwicklung und Innovation. Entscheidend ist, Spannungen nicht auflösen zu wollen, sondern sie bewusst als Lern- und Gestaltungschance zu begreifen. Stabilität ↔ Flexibilität Mitgliedsverbände benötigen einerseits verlässliche Strukturen und Satzungen, die Rechtssicherheit, Glaubwürdigkeit und Planungssicherheit schaffen, andererseits aber auch offene Prozesse, flexible Beteiligungswege und Möglichkeiten zur Erfahrung von unmittelbarer (Selbst-)Wirksamkeit der Akteure. Haas betont die Notwendigkeit einer „balancierten Governance“, die feste Strukturen mit offenen Beteiligungsformaten kombiniert. Erfolgreiche Organisationen schaffen „ein Gleichgewicht zwischen Stabilität und Dynamik“ durch hybride Steuerungsmodelle und partizipative Experimente (Haas 2025: 100). Diese Balance ermöglicht es, sowohl langfristige Verlässlichkeit als auch situative Anpassungsfähigkeit zu gewährleisten.

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