Jenseits der Gewohnheit. Mitgliedschaft, Macht und Wandel neu denken

128 Abhängigkeiten von Funktionen und Ämtern führen. Macht abzugeben, neue Engagierte und ihre Ideen zuzulassen und sich konstruktiver Kritik zu stellen, kann zum Problem werden. • Das Hauptamt ist vom Ehrenamt abhängig und zugleich dafür verantwortlich.  Wozu genau braucht das Ehrenamt das Hauptamt und umgekehrt?  (Wo) Wird darüber gesprochen, wer welche Erwartungen damit verbindet? • Engagement im Allgemeinen und konkrete Ehrenamtliche im Besonderen sind (vor allem vom Hauptamt) nicht zu kritisieren.  Kritische und konflikthafte Punkte sind damit kaum oder gar nicht besprechbar. Dazu gehört beispielsweise die Frage, wie man ehrenamtlichen Funktionsträger*innen nahelegen kann ihr Amt abzugeben, um einen Generationswechsel zu ermöglichen. Auch Konflikte zwischen Ehrenamtlichen oder zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen sind schwer inhaltlich zu lösen, wenn die reflexhafte Wertschätzung und die sich daraus ergebende Loyalitäten zu stark ins Gewicht fallen. • Es geht um die Werte des jeweiligen Verbands. Über diese herrscht Einigkeit und wegen dieser gemeinsamen Wertorientierung engagieren sich Menschen. Die Umsetzung der satzungsmäßigen Ziele ist die eigentliche Aufgabe des Verbands.  Die Verfolgung und Erfüllung des satzungsgemäßen zwecks ist nur eine Seite der Medaille. Vereine oder Verbände als Ort des sozialen Miteinanders, der Aushandlung über unterschiedliche auch verbandsinterne Themen, der Konfliktlösung, der gemeinsamen Gestaltung von Zeit und Raum sind in demokratietheoretischer und gesellschaftspolitischer Hinsicht mindestens genauso wichtig und legitim. Die gängige Erzählung, dass die Beschäftigung mit sich selbst einen Verein und seine Mitglieder nur von der ‚eigentlichen‘ Arbeit abhalte, verkennt dies. Ein Verein oder Verband ist immer auch ein soziales System und hat als solches eine Berechtigung in sich.  In Zeiten polarisierter Diskurse sind Orte, an denen man sich ‚unter Seinesgleichen‘ weiß und sich nicht ständig in Konfrontation und Widerspruch begeben muss, wichtig. Zugleich besteht die Gefahr, dass das Gefühl der Gemeinsamkeit und Einigkeit über tatsächliche Differenzen hinwegtäuscht und Konflikte nicht mehr ausgetragen werden, um den Frieden zu wahren. Wo/wann/wie findet Streit statt? Werden Konflikte wirklich ausgetragen und ausgehalten? • Verbände sind offen für alle, die sich bei ihnen engagieren wollen.  Welche Kompetenzen, welche Erfahrungen, welche Verhaltensweisen werden implizit tatsächlich erwartet? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um Verantwortung übertragen zu bekommen? • Eine Grundüberzeugung lautet: „Wir sind tolle Verbände, wir haben eine tolle Geschichte, wir machen tolle Sachen und wir sind attraktiv.“

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