124 Unterstützung von Entwicklungen, die ihnen wichtig erscheinen. Die Entscheidung für eine Mitgliedschaft scheint eine starke Motivation oder Überzeugung zu erfordern, sie ergibt sich nicht automatisch – man wird z.B. nicht (mehr) Mitglied in einem Verband oder einer Partei, weil die Eltern und Großeltern auch schon Mitglieder waren. Hier lohnt es sich, aus Verbandsperspektive präzise und ehrlich zu formulieren: Welche Idee verbindet sich für uns konkret mit Mitgliedschaft? Wozu wollen wir als Verband mehr Mitglieder: Geht es um aktive Mitgestaltung? Um ein erhöhtes Volumen an Mitgliedsbeiträgen? Um die reine Zahl an Mitgliedern, die unsere Größe als Verband illustriert und uns Legitimation verleiht? Brauchen wir mehr/neue Mitglieder, um in der Satzung festgeschriebene Positionen besetzen zu können? In Dokumenten und Gesprächen wird oftmals zwischen „aktiven“ und „zahlenden“ Mitgliedern unterschieden und selbst bei positiver Entwicklung der Mitgliederzahlen noch bedauert, dass die Zahl der Aktiven nicht größer ist. Auch hier wäre eine präzise Zielbestimmung hilfreich: Wie groß wäre der Anteil aktiver unter den zahlenden Mitgliedern optimalerweise? (Wann/ wie lange) Darf man aktiv sein, ohne zahlendes Mitglied zu sein? Ab wann geraten die Ressourcen ins Ungleichgewicht, weil sich zum Beispiel regelmäßig eine große Zahl von Menschen an Aktionen tatkräftig beteiligt, aber nicht genügend Mitglieder noch Beiträge zahlen, sodass die für die Aktionen notwendigen Bedingungen nicht mehr zu schaffen sind? Wo wäre andererseits die Grenze von zu wenig Aktiven trotz zahlender Mitglieder? Neben der Zielbestimmung hinsichtlich der Größenordnung zu gewinnender Engagierter ist also die Differenzierung von Formen des Engagements zentral, um entsprechende Maßnahmen zur Gewinnung planen und umsetzen zu können. 8.3.3 Hypothese C: Engagement wird zu voraussetzungsvoll konstruiert. Die Aufgaben, die von Engagierten in Mitgliedsverbänden zu übernehmen sind, sind vielfältig und anspruchsvoll. Neben der und für die Umsetzung von Aktionen und Projekten, die dem Zweck des Vereins dienen, sind Vereinsrecht, Steuerrecht und Gemeinnützigkeit, Satzungen und Leitbilder, diverse Schutzrechte (wie Datenschutz etc.), Förderbedingungen und vielfältige andere Regelungen zu beachten, Fördermittel zu beantragen, Mitgliedsbeiträge zu verwalten und so weiter. Administrative Aufgaben und Bürokratie gewinnen zumindest in der Wahrnehmung vieler Engagierter immer öfter die Überhand über inhaltlichen und sozialen Aktivitäten. Zugleich entsteht dadurch der Eindruck, dass Engagement und insbesondere die Übernahme von Funktionen und Positionen in Vereinen und Verbänden bestimmte Kompetenzen, Erfahrungen und Fachwissen voraussetzt: „Es ist wie in der Arbeitswelt. Alle wollen irgendwie schon so fertig gebackene Menschen haben, die das tun können, wofür man sie einstellt oder wofür man sie haben möchte. Aber die Menschen funktionieren halt einfach nicht so. Deswegen glaube ich, müssen wir einfacher werden.“ Die Perspektive auf Engagement als Lernfeld und individueller Entwicklungs- und Bildungsprozess geht dabei leicht verloren.
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