„Manchmal frage ich mich, wie ich vorher gearbeitet habe? Eigentlich hatte ich meistens das Gefühl, einen guten Job zu machen, doch dann habe ich erkannt, dass ich es im Grunde vermied, mit Eltern wirklich im Kontakt zu sein.“ Aussagen wie diese zeigen, wieviel sich in den vergangenen Jahren im Selbstverständnis von Fachkräften in familienbezogenen Arbeitsfeldern wie etwa der Familienbildung oder der Kita verändert hat – nicht zuletzt durch die Weiterqualifizierung von insgesamt rund 12.000 Fachkräften zu Elternbegleiter*innen.
Selbstverständlich haben die Fachkräfte auch zuvor gute Arbeit geleistet und doch: Elternbegleiter*innen begegnen Eltern und Familien mit einer veränderten Haltung und suchen die konsequente Umsetzung einer „dialogischen Grund-haltung“, wie sie sie in der Weiterqualifizierung erlebt und erfahren haben: begleiten statt „abholen“, anerkennen statt erziehen, wertschätzen statt bewerten, Begegnung auf Augenhöhe statt Belehrung „von oben herab“.
Elternbegleiter*innen legen Wert auf eine achtsame Art der Begegnung mit den Eltern, die sich durch die Anerkennung des Gegenübers und dessen Gleich-würdigkeit auszeichnet. Wenn Fachkräfte darauf vertrauen, dass Eltern durch eine echte Begegnung ermutigt und gestärkt werden, eigene Antworten zu finden, wirkt sich das auf die zwischenmenschliche Beziehung aus. Für Eltern ist es bedeutsam zu spüren, dass Elternbegleiter*innen sich wahrhaft für sie und ihre Kindern interessieren, dass ihnen offen und aufmerksam zugehört wird und ihnen nicht direkt „passende“ Lösungen angeboten werden.
Die eigenen Wahrnehmungen, Einstellungen, Werte und Normen prägen die Haltung von Fachkräften, wenn sie Familien begleiten. Die dialogische Haltung, das Hinterfragen und Loslassen von Vorannahmen und Bewertungen, verändert oft schon nach den ersten Tagen der Qualifizierung die Sicht auf die eigene Rolle und Professionalität, wie in den folgenden Aussagen von Teilnehmenden deutlich wird: „Wenn ich etwas verändern möchte, muss ich bei mir anfangen. Ich bin ja stets die Beteiligte. Wie ein Gespräch verläuft, liegt auch an mir.“ „Mein Bild von Eltern hat sich verändert. Ich sehe sie jetzt als Expert*innen, sehe auch deren Sichtweise und habe Verständnis. Meine Art, ihnen zuzuhören, hat sich verändert.“
Die Erfahrungen in der Qualifizierung ermutigen Elternbegleiter*innen, eine neue Willkommenskultur in den Einrichtungen zu leben und den Dialog in ihrem Konzept zu verankern. Dazu gehört, „Räume“ für Gespräche mit Eltern, aber auch Angebote für die Familien einladender und atmosphärischer zu gestalten. Einige berichten, dass sie dialogische Elemente selbst in die Dienst-besprechungen einbringen. Dadurch erfahren auch Kolleg*innen im Team ein kooperativeres Miteinander, und das wiederum erhöht die Arbeitsfreude und motiviert, wertschätzend auf Eltern zuzugehen.
„Ich habe meinen Blickwinkel verändert, schaue immer häufiger und bewusster durch die „goldene Brille“, also auf das, was gut ist, statt auf Fehler. Auf Grund meiner dialogischen Haltung hat sich meine Nervosität vor den Elterngesprächen ebenfalls reduziert, da ich gemeinsam mit den Eltern für deren Kind nach Lösungen suche, ohne als Fachkraft mein Fachwissen unter Beweis stellen zu müssen.“
Gleichwohl braucht Elternbegleitung auch angesichts von Arbeitsverdichtung und hohen Anforderungen an pädagogische Fachkräfte vor Ort die richtigen Rahmenbedingungen: Räume und Zeiten für die Zusammenarbeit mit den Familien, aber auch Momente der Muße für Selbstreflexion sind unverzichtbar.
Oda Bakuhn, Geschäftsführerin LAG Familien- und Weiterbildung der AWO NRW, Dozentin Elternchance, AWO Bezirksverband Niederrhein e.V.
Beate Lamm, Leitung einer Familienbildungsstätte, Dozentin Elternchance, VKJ, Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e.V.
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