Zuallererst: Bitte beschreib doch einmal kurz, was die Fachstelle Schulung & Qualifizierung eigentlich macht.
Die Fachstelle Schulung & Qualifizierung wird durch das Landesprogramm Soziale Beratung von Geflüchteten in NRW des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration gefördert. Ihre zentrale Aufgabe ist, allen Flüchtlingsberater*innen im Regierungsbezirk Düsseldorf, die durch das Landesprogramm gefördert werden, verbandsübergreifend Fort- und Weiterbildungen anzubieten. Außerdem begleiten wir die Berater*innen fachlich, vernetzen sie und nehmen Schulungsbedarfe auf.
Vor welchen Herausforderungen stand die Arbeit der Fachstelle in diesem Jahr?
Wie bereits im letzten Jahr, waren auch diese 12 Monate geprägt von der Corona-Pandemie. Ende 2020 stellten wir uns schon die Frage, wie wir in diesem Jahr mit der Planung der Fort- und Weiterbildungen weitermachen sollen. Hoffen wir darauf, dass Präsenzseminare wieder stattfinden können oder sollen wir von vorneherein Online-Seminare planen? Wir entschieden uns für letzteres.
Inzwischen sind sowohl die Dozent*innen, die unsere Seminare leiten, als auch die Teilnehmenden viel sicherer im Umgang mit digitalen Tools geworden. Gruppenarbeiten, Umfragen und Videos werden genutzt, um den Lernstoff auch online interessant zu vermitteln und während des Seminars aktiv mitzuarbeiten. Informelle Gespräche und der persönliche Kontakt am Rande einer Veranstaltung fehlen zwar, dafür schätzen viele, dass die Online-Seminare ortsunabhängig sind. Dadurch können auch mehr Menschen teilnehmen. Insofern hat uns die Digitalisierung neue Spielräume in der Flüchtlingsarbeit eröffnet.
Corona hat uns alle sehr gefordert und die Digitalisierung beschleunigt. Was war in diesem Jahr inhaltlich noch besonders?
Wir haben neue Kooperationspartner für die Schulungen gewonnen. So haben wir uns beispielsweise gemeinsam mit der Kindernothilfe e.V. aus Duisburg dem Kinderschutz in der Arbeit mit Geflüchteten gewidmet, ein wiederkehrendes Seminar zum Rechtsdienstleistungsgesetz mit dem AWO Bundesverband umgesetzt und mit Migrationsforscher*innen der UN-Universität Maastricht und der Universität Gießen, zusammengearbeitet. Die Nachfrage war so groß, dass wir die Zusammenarbeit auch im kommenden Jahr fortführen und zusätzliche Termine und Vertiefungsschulungen anbieten werden.
Über die Homepage des AWO Bezirksverbands Niederrhein finden die Beratungskräfte inzwischen auch Arbeitshilfen, die sie für ihre alltägliche Arbeit zu Rate ziehen können. Dieses Angebot werden wir auch nächstes Jahr aufrechterhalten und ausbauen.
Warum ist die Arbeit der Fachstelle so wichtig für die Flüchtlingsberatung?
Beratungskräfte von Geflüchteten brauchen für ihre Arbeit komplexes Wissen aus unterschiedlichen Kompetenzbereichen. Sie müssen über interkulturelle Kompetenzen und vertieftes Wissen über die Herkunftsländer und Herkunftskontexte der Geflüchteten verfügen. Darüber hinaus brauchen sie auch rechtliche Grundlagen zum Beispiel zum Asyl- Aufenthalts- und Sozialrecht und müssen Beratungsmethoden anwenden können. Da ist es nicht nur für neue Mitarbeitende, sondern auch für erfahrene Fachkräfte unerlässlich sich stetig weiterzubilden.
Die Fachstelle hat jedes Jahr das Ziel ein ausgewogenes Angebot an Fort- und Weiterbildungen aus diesen Bereichen zu erarbeiten. Darüber hinaus reagieren wir auch auf politische Entwicklungen und informieren über allgemein hilfreiche Angebote für die Beratung. Prägende Themen der Seminare in diesem Jahr waren zum Beispiel ein neuer Erlass der nordrhein-westfälischen Landesregierung zur Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung, die Frage nach der Schutzberechtigung von syrischen Kriegsdienstverweigerern und natürlich die Situation von geflüchteten Menschen aus Afghanistan und ihrer Angehörigen.
Bleibt bei so vielen Themen noch Platz für neue Angebote?
Ja, klar. Wir müssen mit unserer Fachberatung flexibel sein. Im kommenden Jahr wird es wieder neue Schwerpunkte geben. Eines davon wird das Thema Rechte und der Schutzbedarf von geflüchteten Menschen mit Behinderung und weiteren vulnerablen Gruppen sein. Noch offen ist zudem, wie sich die neue Politik der Ampel-Koalition im Flüchtlingsrecht niederschlägt. Wir wünschen uns natürlich, dass auch wieder Seminare bei uns in Essen stattfinden und wir „in echt“ mit den Kolleg*innen zusammen kommen. Aber die Online-Seminare werden ebenfalls bleiben.
Alle Informationen, Schulungs- und Qualifizierungsangebote können demnächst in unserem Programm, das halbjährlich auf der Fachstellen-Website veröffentlicht wird, eingesehen werden.